Dabei begann das Spiel mit einer ganz traurigen Figur, die später zum Helden werden sollte: Aziz Abassi saß nach zwei Treffern in der Vorwoche zunächst nur auf der Bank, den Vorzug erhielt Robin Höyng. Seine Sperre war abgelaufen und er gab sein Saisondebut.
Bei idealem Fußballwetter hätte es die Dobras-Truppe gegen den punktgleichen Gegner auch einfacher haben können. Direkt den ersten Freistoß unterlief TVK-Keeper Robrecht, aber Sebastian Lohr war am langen Pfosten zu überrascht und schob das Leder vorbei.
Auf der anderen Seite gab es dann eine klassische „nimm Du ihn, ich hab ihn sicher“ Szene in der Neusser Abwehr. Aber Lirim Iberdemaj klärte klasse per Fuß und hielt damit die Null. Kurz darauf hatte aber auch der Uedesheimer Keeper Glück, als von Bebber auf links durch war und nur hauchzart am langen Eck vorbei schoss.
Dies sollte für lange Zeit der letzte offensive Vortrag der Gäste bleiben. Uedesheim, immer wieder angetrieben von den starken Offensivleuten Sven Nitsch, Robin Höyng, Karam Ramadan und Jannick Michalsky, spielte mutig nach vorne und kam schnell zu Chancen.
Die erste gute Chance schoss Ramadan über den Kasten. Dann schickte Höyng Andre Speer auf die Reise, der frei durch war und alleine auf das Tor zulief. Speer legte die Kugel an Robrecht vorbei und der Keeper brachte den Stürmer zu Fall. Zwar vor dem Strafraum, aber eine rote Karte war es recht klar. Alleine die Pfeife des Unparteiischen blieb zum Unmut der Neusser stumm.
Als sich alle wieder beruhigt hatten, flankte Nitsch klasse auf Speer, aber das Leder sprang kurz vor dem Goalgetter nochmal auf und vom Schienbein prallte der Ball über das Tor.
Mit dem Halbzeitpfiff drang dann Ramadan in den Strafraum ein, wurde gelegt und es gab Elfmeter. Höyng trat an, fand aber seinen Meister in Robrecht. Statt mit der Führung im Rücken ging es damit torlos in die Kabinen.
Aber Uedesheim blieb auch nach der Pause gierig. Sofort hatte Speer nach einer Ramadan-Hereingabe die nächste Chance, rutsche die Kugel aber am Tor vorbei. Nur eine Minute später probierte er es aus 16 Metern und verzog knapp links. Kurzum: das Tor der Gäste war wie vernagelt.
Und wie es dann so oft kommt, war man nach einer Stunde etwas luftig auf der linken Seite und der neue Abwehrchef Sebastian Lohr fälschte eine flache Hereingabe sehr unglücklich zum 0:1 ins lange Eck ab. Als wäre das nicht genug, wiederholte sich das Problem auf der linken Seite nur fünf Minuten später, als man im Vorwärtsgang den Ball verlor. Kalkum schaltete schnell um, Uedesheim brachte das Leder nicht aus der Gefahrenzone und van Bebber drosch die Kugel unhaltbar in den Winkel.
Völlig aus dem Nichts führten die Gäste nun 0:2 und es wird sicher nicht viele Zuschauer gegeben haben, die die Meinung von Co-Trainer Timm Oppermann zu diesem Zeitpunkt geteilt haben: „Ich habe nach dem 0:2 nicht das Gefühl gehabt, das wir das Spiel hier heute verlieren.“
Denn die Hausherren brauchten ein paar Minuten, um sich zu schütteln. Mit einem knapp verfehlten Freistoß von Höyng ging es los. Dann kam Abassi ins Spiel und mit seiner ersten Aktion brachte er eine vermeintlich harmlose Flanke von rechts vor das Tor. Aber Robrecht hatte den berühmten Flutschfinger und ließ das Spielgerät fallen. Warum ausgerechnet Rechtsverteidiger Suno genau richtig stand, wusste keiner. Aber der Japaner sagte artig danke und schob zum 1:2 ein.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Angriffe der Neusser oft zu hektisch. Es gab viel Langholz und die Gäste verschleppten das Spiel geschickt. Beinahe wäre ihnen die Entscheidung gelungen, aber van Bebber köpfte am langen Eck vorbei.
Erst fünf Minuten vor Schluss besann sich Uedesheim wieder seinen spielerischen Qualitäten und kam sofort zu Chancen. Speer verzog zunächst aus rund 20 Metern und setzte in der Schlussminute einen Freistoß aus gleicher Distanz drüber.
Dann flog Aljumaa mit gelb/rot vom Feld und es lief bereits die Nachspielzeit, als eine Nitsch-Flanke zunächst über den Kopf von Patrick Aldenhoff rutschte, dann durch die Beine von Michalsky. Dahinter stand Speer, der aus der Drehung und mithilfe des Innenpfostens zum Ausgleich traf.
Niemand wollte sich mit dem Punkt zufrieden geben und in der 93. Minute flankte der eingewechselte Yannick Höyng nochmal von links rein. Von hinten kam Abassi angerauscht und aus gut und gerne 10 Metern traf er per Kopf genau unter die Latte zum Sieg. Danach: extase pur. Wenig später der Schlusspfiff.
„Fussball ist einfach der schönste Sport der Welt. Was hier heut ein der Schlussphase abging, das war einfach der Wahnsinn“, beschrieb Oppermann das wilde Finish. Das der Sieg hochverdient war, daran besteht kein Zweifel. Aber es war ein verdammt schweres Brett zum bohren.
Mit den 12 Punkten in Serie ist man nun auf Rang vier angekommen, aber die Platzierung ist trügerisch. Denn man hat auch nur vier Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz und wird weiter konstant punkten müssen, um eine ruhige Saison zu spielen. Aber mit dem Willen der Truppe und den nun mehr und mehr zurückkehrenden Spielern sollte das machbar sein.
Bevor man nächsten Sonntag in Gerresheim wieder um Punkte kämpfen kann (15 Uhr), geht es zunächst am Donnerstag um 19.30 Uhr nach Vorst. Dort steht die 2. Runde im Kreispokal auf dem Programm.